Lehrergesundheit mit AGIL (Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf): Konzeption, Evaluation und Etablierung

Schön Klinik Roseneck

In psychosomatischen Kliniken sind Lehrkräfte seit Jahrzehnten die größte Berufsgruppe (10%) unter den Patient*innen. Um angesichts der in hohem Maße interaktiven Belastungen des Berufes langfristig gesund zu bleiben, sind Kompetenzen u.a. im Umgang mit eigenen Ressourcen nötig. In der Lehrer*innenausbildung werden diese bislang nicht hinreichend vermittelt.

In einer umfangreichen empirischen Erhebung wurden seit 2004 Muster und Strategien zur Stressbewältigung, in denen sich erkrankte und gesunde Lehrkräfte unterscheiden, betrachtet.

Basierend auf den Ergebnissen wurde AGIL (Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf) konzipiert.

Das Programm ist ein auf acht Doppelstunden angelegtes Gruppen-Präventionsprogramm, mit je 8 bis 12 Teilnehmenden und beinhaltet vier Module, die sich auf die empirisch gesicherten Unterschiede zwischen gesunden und kranken Lehrkräften beziehen:

  • „Achtsamkeit“: Sensibilität bzgl. Stress-Symptomen
  • „Denkbarkeit“: stressverstärkende Muster erkennen und entschärfen
  • „Möglichkeiten“: Strategien und Fertigkeiten zur Belastungsbewältigung
  • „Erholung“: individuelles Erholungsverhalten reflektieren und ggf. modifizieren.

In einer kontrollierten, randomisierten Studie zeigte sich, dass AGIL-Teilnehmende nach einem Jahr berufsbezogener Kognitionen besser aufgestellt waren als die Kontrollgruppe. 30% der Kontrollgruppe waren nach einem Jahr im Vorruhestand, aus der AGIL-Gruppe waren es nur ca. 10%.

Im Rahmen des LeguPan-Projektes (Lehrergesundheit: Prävention an Schulen) wurde AGIL außerdem in Schulen und bei Referendaren evaluiert. Es wurde festgestellt, dass bei im Beruf stehenden Lehrer*innen, gerade diejenigen von AGIL profitieren, die vor bzw. zu Beginn des Programms eher höher belastet waren.

Zielsetzung

AGIL ist „work in progress“: Nachdem anfangs empirisch unterscheidende Muster zwischen gesunden und erkrankten Lehrkräften aufgezeigt wurden, soll nun die Stressbewältigungskompetenz von Lehrkräften gesteigert, erhalten oder wiederherstellt werden. In Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus werden AGIL-Leiter*innen ausgebildet um AGIL möglichst flächendeckend anbieten zu können.

Aktuell befasst sich AGIL mit der Frage, wie besonders belastete, oft freiwillig entsprechende Angebote nicht wahrnehmende Lehrkräfte, zur Teilnahme motiviert werden können.

Trägerschaft und Projektorganisation

Der Vergleich gesunde / erkrankte Lehrkräfte wurde von der Schön Klinik Roseneck (Kooperation Prof. E. Schmitz, TU-München, Prof. D. Lehr, Lüneburg), die klinische Evaluation vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und die Evaluation in Schulen (mit Prof. E. Kiel, LMU-München) von der Bosch-Stiftung Stuttgart unterstützt.

Projektaufbau und -laufzeit

2004 startete die Entwicklung von AGIL. Ab 2012 wurde AGIL in Bayern institutionalisiert. Es ist Teil des Standard-Therapieangebotes für psychisch erkrankte Lehrkräfte in der Schön Klinik Roseneck. AGIL wird in Kliniken zur tertiären Prävention, in mehreren Bundesländern im Rahmen der Primärprävention eingesetzt. So werden in Bayern AGIL-Gruppenleiter in der Lehrerakademie in Dillingen geschult, die AGIL in allen Regierungsbezirken anbieten. In Baden-Württemberg können AGIL-Leiter*innen in Tübingen ausgebildet werden, in Niedersachsen ist AGIL Teil des CARE-Projektes.

Konkrete Ergebnisse und Teilnehmerzahl bzw. Anzahl erreichter Personen

Es wurden bereits mehr als 400 AGIL-Multiplikatoren (vorwiegend Psychologen, Schulpsychologen und Ärzte) in Wochenendseminaren geschult und von diesen bundesweit mehr als 8.000 Lehrkräfte erreicht. Die Schulungen sind mit 16 Teilnehmenden stets ausgebucht und könnten doppelt belegt werden.Neben den bestehenden Grund- und Aufbaukursen, ist derzeit ein weiterer AGIL-Kurs für erfahrene Leiter mit dem Fokus auf Supervision und Fallarbeit in Planung.

Über die gesamte Projektlaufzeit erschienen zahlreiche wissenschaftliche und praxisbezogene Publikationen. 2012 wurde die erste Auflage des „AGIL-Manuals“ veröffentlicht, mittlerweile gibt es die zweite überarbeitete und ergänzte Auflage. Außerdem ist eine DVD mit dem „AGIL-Lehrfilm“ erhältlich und in 2019 wird „AGIL – Das individuelle Arbeitsbuch“ für interessierte Lehrkräfte erscheinen.

In den Jahren 2013 bis 2015 wurde auf Basis von AGIL ein Onlinetraining zur Stressbewältigung für Lehrkräfte im Rahmen des EU-Projekts „HelP“ entwickelt und in sechs EU-Ländern in einer kleinen Pilotstudie evaluiert.

Kontakt

Schön Klinik Roseneck
Ansprechpartner: Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert
Am Roseneck 6
83209 Prien am Chiemsee
Tel.: 08051-68100142
ahillert@schoen-kliniken.de