„Gesunde Schule“ – Ein umfassender Auftrag an alle Beteiligten

Gesunde Grundschule Fürstenstein

Waltraud Seider, Grundschule Fürstenstein

Der Lebensraum Schule unterliegt einem fortwährenden Wandel. Einen Stillstand lässt der Bildungs-und Erziehungsauftrag nicht zu. Wir hatten das große Glück, im September 2011 ein neues Schulhaus beziehen zu können und damit die Möglichkeit erhalten, ein pädagogisches Gesamtkonzept zu erstellen. Dem Bauherrn und dem Lehrerkollegium war bewusst, dass mit dem Neubau eine große Chance besteht, die Zukunft unserer Schüler umfassend positiv zu beeinflussen. In enger Zusammenarbeit mit der Universität Passau, einem aufgeschlossenen Sachaufwandsträger, einem kreativen Architekten, einem engagierten Kollegium und der an der Steuergruppe beteiligten Eltern wurde das Leitbild der "Gesunden Grundschule Fürstenstein" geplant und formuliert.

„Gute Gesundheit unterstützt erfolgreiches Lernen. Erfolgreiches Lernen unterstützt die Gesundheit. Erziehung und Gesundheit sind untrennbar.“ D. O´Byrne, Leiter Abteilung für Gesundheitsförderung der WHO). Unserem Ansatz der nachhaltigen Gesundheitsförderung liegt das Modell der Salutogenese (nach Aaron Antonovsky) zu Grunde. Es zielt darauf, Gesundheit zu erhalten statt Krankheiten zu behandeln. Zu einer gesunden Lebens- und Lernumgebung gehören:

Das gesundheitsfördernde Schulhaus
Das gesundheitsfördernde Schulumfeld
Das gesundheitsfördernde Schulprogramm

I. Das gesundheitsfördernde Schulhaus

Auch die OECD ist sicher, dass es einen Zusammenhang  zwischen der qualitativen Gestaltung von Schulbauten und der Entwicklung der Schüler gibt. Ihrer Ansicht nach wirkt (sinn-gemäß zitiert) die Qualität der Umgebung auf die Kinder. Sie können sich in Räumen entwickeln, die mit Harmonie und unter Beachtung menschlicher Bedürfnisse gebaut sind. Die Schönheit von Räumen und Formen und die Attraktion der gewählten Farben, eine effektive Akustik, sorgfältig ausgewählte Materialien, gut gestaltete Beleuchtung und grüne Umgebung leisten dazu einen maßgeblichen Beitrag.

Unser neues Haus erfüllt diese Forderungen in exzellenter Weise. Wir verdanken dies einem Bürgermeister und einem Gemeinderat, die mit großem Weitblick in Bildung investiert haben und einem Architekten, der es verstanden hat, die pädagogischen Forderungen in seine Planung einzubeziehen. Beim Bau wurden folgende gesundheitsfördernde Bedingungen erfüllt:

  • Optimale Raumgliederung
  • Sitzstufenanlage für Veranstaltungen, großzügige Aula
  • Helle, freundliche Räume mit maximalem Tageslichteinfall durch großzügige Glasfronten
  • Umlaufende Balkone als Möglichkeit, die Klassenzimmer zu vergrößern, geeignet auch für Bewegungspausen
  • Verwendung von Naturmaterialien, viel unbehandeltes bzw. mit Naturöl eingelassenes Holz (Decken, Möbel, Garderoben, Fußboden), Filz aus reiner Naturfaser (Pinnwände; gleichzeitig Bespannung der Akustikpaneele)
  • Gezieltes Farbkonzept (drei Farben, die sich bei den Klassenzimmertüren, Garderoben und dem Sonnenschutz wiederholen; bunte Fliesen in den Toiletten)
  • Kontrollierte Raumlüftung zur Verbesserung der Luftqualität und der Konzentration

II. Das gesundheitsfördernde Schulumfeld

  • Theaterwerkstatt (Sitzstufenanlage West im Freien)
  • Sitzweil (Zugang Ost; Sinnengarten mit Sitzgelegenheiten)
  • Pausenhof mit Bewegungs- und Ruhezone
  • Sitzstufenanlage als grünes Klassenzimmer (Unterricht im Freien möglich)
  • Schulgarten mit Kräuterspirale, Hochbeet, Beerensträucherbeet und Wassergrand

Im Rahmen einer Leader-Maßnahme wird z. Z. das Projekt „Erfahrungsraum Schule und Natur“ in unmittelbarer Nähe zum Pausenhof umgesetzt. Es beinhaltet einen Wasserlauf, einen Weiher mit Feuchtbiotop sowie einen Balancier- und Kletterparcours.

III. Das gesundheitsfördernde Schulprogramm

Grundlage ist die Forderung der Bay. Verfassung: „Schule hat den Auftrag, Wissen zu vermitteln, Herz und Charakter zu bilden“. Pestalozzi, der große Pädagoge, hat es kurz gefasst: „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ (siehe Schullogo). In folgenden Bereichen – wir haben sie in viele Einzelziele aufgeschlüsselt – wollen wir diese Forderung verwirklichen:

Grafische Darstellung der nachfolgend genannten Einzelziele

Die einzelnen Bereiche lassen sich nicht klar trennen, sind aber nötig, um die Thematik zu strukturieren.

Schulprogramm: Bewegung

  • Bewegungspausen „Voll in Form“ unterstützt durch Materialkisten mit Handgeräten (Igel-bälle, Therabänder, Sandsäckchen, Joghurtbecher mit Tennisbällen, Jongliermaterial, Bewegungsgeschichten, CDs mit Bewegungsliedern, Vorlagen für Übungen des Projektes „Aktion Rückenwirbel“, kinesiologische Übungen, Konzentrations- und Entspannungsübungen).
  • Alternative Sitzmöglichkeiten: Sitzstufenanlage, Balkon, im Sommer die Freiluftklassenzimmer und verschiedene Sitzstufenanlagen
  • Pausenhofgestaltung: Bewegungs- / Ruhezone, ergänzt im Laufe des Jahres 2013 durch das Projekt „Erfahrungs-raum Schule und Natur“ (siehe Schulumfeld)
  • Zweite Pause als Bewegungspause im Freien; Verlängerung in Absprache mit dem Elternbeirat
  • Sportfeste / Turniere: Teilnahme an Sportfesten schulintern und auf Landkreisebene, Ausrichtung eines GS-Fußballturnieres mit den Nachbarschulen, Teilnahme an Turnieren anderer Schulen, Teilnahme an Skirennen, Schwimmunterricht in der 3. Jahrgangsstufe, Wintersporttag (nach Schneelage), Sport mit den Vereinen, Wanderungen Herbst / Ostern

Schulprogramm: Ernährung

  • Gesundes Pausenbrot: Damit die Kinder dieses auch in Ruhe zu sich nehmen können, haben wir die Pause in zwei Teile geteilt: Esspause im Klassenzimmer (ruhig, Kontrolle des Lehrers möglich) und Bewegungspause im Freien / bei Regen in der Turnhalle
  • Informationsstand der AOK bei der Schuleinschreibung
  • Trinken im Unterricht: Trinkbrunnen in der Aula. Jeder Schüler besitzt einen Becher mit Namen; holt am Trinkbrunnen Wasser; nicht nur in der Pause, sondern auch zwischen einzelnen Lerneinheiten
  • Teilnahme am Schulfrucht- und Schulmilchprogramm; 35 Mütter bereiten abwechselnd aus diesen Produkten 14-tägig für die Kinder ein gesundes und köstliches Pausenbuffet.
  • Getränkeaktion „Gesundes Pausengetränk“ (Fastenzeit). Einmal pro Woche wird ein gesundes Getränk angeboten, das die Schüler vorher bestellen und auch zum Selbstkostenpreis erstehen.
  • aid-Ernährungsführerschein in der 3. Klasse im Rahmen des Heimat- und Sachunterrichts und des WTG-Unterrichts (mit Elterneinladung zu einem gesunden Pausenbuffet)
  • Gesundes Mittagessen im Rahmen der Mittagsbetreuung

Schulprogramm: Individualisiertes Lernen

  • Schulhausinterne Lehrerfortbildung, langfristige intensive Arbeit an der Thematik „Individualisierung“
  • Individualisierende Methoden im Unterricht wie z. B. Wochenplanarbeit (in verschiedenen Ausprägungen), Stationentraining, Lerntheken, handlungsorientiertes, selbständiges Lernen (Projektarbeit, Referate), Lernwerkstatt Mathematik (im Aufbau begriffen)
  • „Helfer“ im Unterricht und im Rahmen der Mittagsbetreuung (Hausaufgabenerledigung),
  • Umgang mit digitalen Medien (Computerraum mit 22 Arbeitsplätzen, „Antolin“ zur Leseförderung, verschiedene Lernprogramme, Interaktive Whiteboards)
  • Leseangebote, monatliche Büchereikisten mit Antolin-Büchern; Schulbücherei (Bankbuch), Ehrungen (fleißigster Antolin-Leser mit Buchgeschenken, besonderer sportlicher Leistungen (auch Mannschaftsleistungen)
  • Angebotene Arbeitsgemeinschaften: Schulhausgestaltung, Gesunde Schule, Förderunterricht LRS, Lernen lernen, Instrumentalunterricht, Schulgarten
  • Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern: Mobiler sonderpädagogischer Dienst (Förderschule für Lernbehinderung, für Körperbehinderung, für Hörgeschädigte), Job-Center (Nachhilfe im Rahmen der Teilhabe für Schülern mit Lernproblemen), Sprachpaten für ausländische Schüler, Mediatorinnen (Projekt „SiS“ – Senioren in Schulen) Streitschlichtung und individuelle Lernförderung
  • Förderung im MINT-Bereich: „Technik für Kinder“ – Projekt der Hochschule Deggendorf

Schulprogramm: Selbstkompetenz

  • Projekt des Gesundheitsamtes „Mit mir nicht“ (Prävention von sexueller Gewalt), Projekt „Klasse 2000“
  • Gefahrenerkennung: Training in Zusammenhang mit Busbenutzung, Verhaltenstraining im Schulhaus und im Gelände; Sicherheitskonzept für den Brand- und Amokfall
  • Medizinische Aspekte: Sitzhaltung und Mobiliar; entscheidend ist die richtige Größe von Tischen und Stühlen. Händewaschen, Kleidungswechsel vor und nach dem Sportunterricht, Schultaschen-Check: (10% des Körpergewichtes), eine gemeinsame Aktion jeweils vor den Ferien

Schulprogramm: Sozialkompetenz

  • Aktion „Soziale Helden“ – Ehrung mit Buttonverleihung. Die Gründe für Ehrungen sind vielfältig: Hilfsbereitschaft, Höflichkeit, Arbeitshaltung. Den Button kann auch eine Gruppe erhalten.
  • Arbeit mit dem Sozialziele-Katalog (M. Weidner): Alle zwei Wochen wird ein neues Sozialziel auf der Litfaßsäule in der Aula ausgehängt – für alle (auch Besucher) einsehbar und in den Klassenzimmern. Daran wird kontinuierlich gearbeitet.
  • Erleichterung des Übergangs für die Schulanfänger: Zusammenarbeit mit den 3 gemeindlichen Kindergärten. Drei Dienstbesprechungen pro Jahr (Herbst: Jahresplanung, vor dem Fasching, zum Ende des Schuljahres: Reflexion), gemeinsame Veranstaltungen (St. Martin, Fasching, Wandertag, Konzerte, Theater, zwei Schulbesuche u.a.)
  • Informationsabende für Eltern Vorbereitung auf die Einschulung: Schulfähigkeit, Sprachentwicklung u.a., „Patenschaften“ für Schulanfänger, um das Eingewöhnen zu erleichtern (Die Schüler der 3. Klasse suchen sich einen Schützling aus, begleiten ihn die ersten Wochen)
  • Einladung und Bewirtung der Senioren der Gemeinde, Schüler als Gastgeber. Projekt „SiS“ – Senioren in Schulen, Einsatz als Streitschlichter oder individuelle Lernbegleiter, Sprachpaten für ausländische Schüler
  • Veranstaltungen, die das Zusammengehörigkeitsgefühl steigern: religiöse Feiern, Schulfeste, Theater-, Konzert-, Ausstellungsbesuche, gemeinsame Ausflüge, Ostermarsch mit Ostereiersuche
  • Spenden für soziale Zwecke (Spenden der Besucher der Weihnachtsfeiern)

Schulprogramm: Lehrergesundheit

  • Lehrerzimmer als Wohlführraum und Rückzugszone
    Gemeinsame Unternehmungen: Stammtisch, Ausflüge
  • Erste-Hilfe-Kurs für Lehrer
  • Schulhausinterne Lehrerfortbildung: „Entspannungstechniken“ (Gesundheitsamt Passau), Burnout- Prophylaxe
  • Rolle des Schulleiters: Empathie für persönliche Probleme, Gesprächsbereitschaft, Unterstützung bei Konflikten mit Schülern und Eltern, Integration von Außenseitern, Würdigung von Leistungen der Kolleginnen und Kollegen

IV. Gesundheitstage

In das Jahresprogramm fest integriert sind zwei Gesundheitstage, die jeweils unter einem bestimmten Thema stehen. Dabei sind immer ein Ernährungs- und ein Bewegungsthema vertreten, z.B.

  • 2012/13: „Wasser“ (Einweihung des Trinkbrunnens, erleben der Bedeutung von Wasser an vielfältigen Stationen), „Münchner Fitnesstest“, der Basisfähigkeiten wie Koordination, Ausdauer, Kraft, Geschicklichkeit testet und der über die AOK professionell ausgewertet wird; Moderner Tanz, Jonglage und Akrobatik
  • 2013/14: „Milch“ (Besuch der Milchkönigin, Informationsfilm über die Produktion einer Molkerei in der Nachbargemeinde, Besuch eines Bauernhofes)

Immer wird dabei von den Eltern ein gesundes Pausenbuffet vorbereitet.

V. Unterstützung

Personelle, finanzielle und materielle Unterstützung erfahren wir durch die Gemeinde Fürstenstein, die Universität Passau, die AOK Passau, das Gesundheitsamt Passau, die ortsansässigen Banken, den Landrat bzw. Landkreis Passau, Ärzte, Unternehmer und Vereine aus dem Gemeindebereich und den Elternbeirat.

VI. Dokumentation, Qualitätssicherung und Evaluation

Unsere Arbeit dokumentieren wir durch vielfältige Veröffentlichungen in der viermal jährlich erscheinenden Elternzeitung, im Gemeindeblatt und der Tageszeitung, durch Ausstellungen und Referate im Rahmen schulischer und außerschulischer Veranstaltungen und auf unserer Homepage. Die Qualitätssicherung erfolgt durch Maßnahmen zur kontinuierlichen Fortentwicklung des Konzeptes (schulhausinterne Lehrerfortbildung).

Die Schule unterzog sich im November 2011 und November 2013 der Externen Evaluation durch die Qualitätsagentur am ISB. Stolz sind wir auf das Qualitätssiegel „Gesundheitsregion Bayern“, das wir am 30.06.2012 durch Herrn Staatsminister Dr. Marcel Huber erhalten haben.

Grundschule Fürstenstein
Ansprechpartnerin: Waltraud Seider, Rektorin
Jahnweg 6a, 94538 Fürstenstein
Tel. 08504-91560
kontakt@gs-fuerstenstein.de, vs-fuerstenstein@freenet.de
www.gs-fuerstenstein.de