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Gesundheitliche Chancengleichheit in Bayern

Die soziale Lage beeinflusst die Gesundheit und umgekehrt. Der soziale – oder auch sozioökonomische – Status wird häufig anhand der Höhe des Einkommens, des Bildungsstands und des beruflichen Prestiges bestimmt. So ungleich diese Parameter verteilt sind, so unterschiedlich sind auch die Chancen auf eine gute Gesundheit in unserer Gesellschaft. Gesundheitliche Chancengleichheit strebt eine gerechtere Verteilung von Zugangs- und Lebenschancen für alle Menschen an, um deren Gesundheit zu stärken und zu erhalten.

Soziale und gesundheitliche Ungleichheit – ein Wechselspiel

Sozioökonomische Faktoren, zum Beispiel Bildungsgrad, Einkommen oder Arbeitslosigkeit, haben einen wesentlichen Einfluss auf das gesundheitliche Wohlergehen. Die Auswirkungen der sozialen Unterschiede lassen sich sowohl auf der individuellen Verhaltensebene als auch auf einer Ebene der gesellschaftlichen Verhältnisse beobachten. Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status haben ein deutlich höheres Risiko für viele chronische Erkrankungen. Sie schätzen ihren allgemeinen Gesundheitszustand zumeist schlechter ein und zeigen im Vergleich zu Menschen mit einem höheren Sozialstatus statistisch ein ungünstigeres Gesundheitsverhalten und in der Regel ein geringeres Maß an Gesundheitskompetenz. Dieser Zusammenhang wird insbesondere in den Bereichen Substanzgebrauch, Ernährung, Gesundheitsvorsorge und körperlich-sportliche Aktivität deutlich. Die Höhe des Einkommens und des Bildungsstandes können auch den Zugang zu gesundheitlicher Versorgung und gesundheitsförderlichen Angeboten beeinflussen.

Diese gesundheitliche Ungleichheit auf Basis der sozialen Ungleichheit zeichnet sich bereits im Kindes- und Jugendalter deutlich ab und bleibt bis ins hohe Erwachsenenalter bestehen.

Soziale Ungleichheit führt zu Unterschieden der gesundheitlichen Belastungen, der Bewältigungsressourcen, der Inanspruchnahme von gesundheitlicher Versorgung sowie des Gesundheitsverhaltens und bedingt damit gesundheitliche Ungleichheit.

Die Grafik nach Mielck (2000) macht die Zusammenhänge von sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit deutlich.

Soziale Lage in Bayern

Die regional unterschiedlichen sozioökonomischen Rahmenbedingungen spiegeln sich in Bayern zum Beispiel in der Lebenserwartung wider. So beträgt die Spanne zwischen dem Landkreis mit der höchsten und der niedrigsten Lebenserwartung in Bayern 4,9 Jahre bei den Frauen und 7 Jahre bei den Männern. Ein Gefälle zeigt sich deutlich zwischen Nordost-Bayern und Südbayern. Dahinter stehen sozioökonomische Unterschiede und damit zusammenhängend auch Unterschiede im Lebensstil.

86 % der Menschen der oberen Bildungsgruppe in Bayern beurteilen ihren Gesundheitszustand als „sehr gut“ oder „gut“, während es in der unteren Bildungsgruppe nur 61 % sind.

Ebenso ist anhaltende Arbeitslosigkeit ein erheblicher gesundheitlicher Risikofaktor. Arbeitslose Menschen leiden vermehrt an psychischen Störungen, sind länger und häufiger in stationärer Behandlung und bekommen öfter Arzneimittel verordnet. Zugleich ist ein beruflicher Wiedereinstieg für gesundheitlich eingeschränkte Erwerbslose erheblich erschwert.

Auch die Chancen für ein Aufwachsen in guter Gesundheit sind nicht gleich verteilt. Der sozioökonomische Status in der Familie beeinflusst maßgeblich die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Im Vergleich zu Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Sozialstatus weisen Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem Sozialstatus deutlich häufiger einen mittelmäßigen oder schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand auf. Bayern hat im Ländervergleich die niedrigste Armutsquote. Dennoch sind hier Alleinerziehende und deren Kinder sowie Erwerbslose, junge Erwachsene und Personen ab 65 Jahren überdurchschnittlich armutsgefährdet, letztere sogar über dem Bundesdurchschnitt.

Daten & Fakten zur sozialen und gesundheitlichen Lage in Bayern

Die bayerische Gesundheitsberichterstattung informiert über die gesundheitliche Lage der Bevölkerung:

  • Im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung Bayerns wird ein Indikatorensatz geführt. Der Gesundheitsatlas Bayern stellt Regionaldaten zur gesundheitlichen Situation der Bevölkerung in Bayern in interaktiven Karten bereit.
  • Die im Aufbau begriffene Präventionsberichterstattung unterstützt die Entwicklung und Umsetzung von Gesundheitsförderung und Prävention im Freistaat und bereitet Eckdaten auf.

Das Bayerische Landesamt für Statistik und die Sozialberichterstattung vervollständigen das Bild der sozialen Lage:

Daten & Fakten zur sozialen und gesundheitlichen Lage bundesweit

Querschnittsaufgabe der Prävention und Gesundheitsförderung in Bayern

Der Einsatz für gesundheitliche Chancengleichheit kann keinen gleichen Gesundheitszustand für alle Menschen garantieren. Er hat jedoch zum Ziel, faire Chancen zur Förderung und zum Erhalt von Gesundheit zu schaffen, unabhängig vom sozialen Status, nationaler Zugehörigkeit, Alter und Geschlecht. Bundesweit setzt sich der Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit, initiiert durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), für die Verbesserung gesundheitlicher Chancengleichheit und die Gesundheitsförderung von Menschen in schwierigen Lebenslagen ein. Das ZPG ist Mitglied des Kooperationsverbundes und übernimmt gemeinsam mit der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V. die Aufgaben der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern.

Der Bayerische Präventionsplan definiert Gesundheitliche Chancengleichheit als Querschnittsthema und zentrales Handlungsfeld neben dem gesunden Aufwachsen, der Gesundheitskompetenz in der Arbeitswelt und dem gesunden Altern. Sie soll in jedem Lebensalter und allen Lebenslagen gestärkt werden. Dies gelingt u.a. durch den Ausbau kultur- und geschlechtssensibler Angebote der Gesundheitsförderung und Prävention, z. B. für Menschen mit Migrationshintergrund. Im Rahmen der Initiative Gesund.Leben.Bayern. fördert das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) wegweisende Projekte im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung, die den Handlungsfeldern des Bayerischen Präventionsplans entsprechen. Mit Schwerpunktthemen lenkt das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die öffentliche Aufmerksamkeit auf dringliche Fragen der Prävention.

Zur Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie gemäß §20f SGB V im Freistaat Bayern ist im Jahr 2017 eine entsprechende Landesrahmenvereinbarung (LRV) mit allen Sozialversicherungsträgern und dem Bayerischen Gesundheitsministerium verabschiedet worden. Besondere Beachtung bei der Planung von gemeinsamen Projekten soll die Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen finden. Daran sind alle verantwortlichen Ressorts der Verwaltung des Freistaates Bayern sowie ggf. der beigetretenen Kommunen, die für Gesundheitsförderung und Prävention Verantwortung tragen, zu beteiligen.

Insbesondere der kommunale Partnerprozess „Gesundheit für alle“ wird von der Koordinierungsstelle am ZPG koordiniert. Ziel ist es, durch lokale Präventionsbündnisse insbesondere die Gesundheitschancen jener Menschen zu verbessern, die aufgrund belasteter Lebenslagen höheren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang kommt den Gesundheitsregionenplus in Bayern eine besondere Bedeutung zu. Teilnehmende Kommunen können am besten ihre jeweilige soziale Lage vor Ort einschätzen und durch passgenaue Maßnahmen in den Handlungsfeldern „Gesundheitsförderung und Prävention“, „Gesundheitsversorgung“ und „Pflege“ Strukturen für mehr gesundheitliche Chancengleichheit auf- und ausbauen. Bereits zwölf Gesundheitsregionenplus sind dem kommunalen Partnerprozess „Gesundheit für alle“ beigetreten und setzen sich intensiv mit dem Auf- und Ausbau von integrierten kommunalen Strategien zur Gesundheitsförderung, so genannten „Präventionsketten“ auseinander.

Die bayerische Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit organisiert und fördert u. a. regelmäßig Fachveranstaltungen zur Sensibilisierung und Verankerung des Themas Gesundheitliche Chancengleichheit. Fortbildungen wie die Good Practice-Lernwerkstätten geben Fachkräften sowie Praktikerinnen und Praktikern die nötigen Werkzeuge an die Hand, um wirksame und nachhaltige Interventionen in der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung zu konzipieren.